Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft
Inhalt
Unterleuten ist ein kleines (fiktives) Dorf in Brandenburg, nicht weit von Berlin entfernt. Auch zwanzig Jahre nach der Wende tun sich die meisten Dorfbewohner ziemlich schwer mit Änderungen oder gar Neuerungen … selbst eine richtige Kanalisation gibt es hier noch nicht. Allerdings leben hier inzwischen auch die „neu“ Hinzugezogenen, die Städter, die Wessis, die von den alt eingesessenen Bürgern mit äußerster Skepsis und großem Misstrauen beäugt werden. Aber auch zwischen den ursprünglichen Bewohnern herrscht nicht nur Einigkeit. Im Gegenteil, jeder beobachtet jeden und bildet sich nur allzu rasch ein (Vor-)Urteil. Es könnte ja sein, dass man irgendeinen Nutzen aus seinen Beobachtungen bzw. aus seinem Wissen ziehen kann oder, was noch viel schlimmer wäre, dass man selbst ausgenutzt wird. Man ist hier in diesem kleinen Dorf eben immer unter Leuten.
Die Situation spitzt sich zu, als auch in dieser vermeintlich idyllischen und ruhigen Gegend die neueste Errungenschaft der Technik hinsichtlich erneuerbarer Energien in Form eines Windparks Einzug halten soll.
Jeder kämpft nur noch um seine eigenen Interessen, sucht Verbündete und scheut nicht davor zurück, dies auf Kosten anderer zu tun.
Meine Meinung
Diese scheinbare Dorfidylle mit zum Teil ziemlich bissigem Dorftratsch spiegelt auf wunderbare, sehr unterhaltsame Weise unsere Gesellschaft mit all ihren Ecken und Kanten, mit all ihren Höhen und Tiefen wieder. Das Dorfleben hat durchaus komödiantische Züge, aber genauso wähnt man sich als Leser/in mitten in einem Drama oder auch in einem Krimi.
Zu jeder Facette des menschlichen Wesens gibt es hier eine passende Figur, deren Charakter symbolhaft eine bestimmte Spezies darstellt: sei es der überbesorgte Naturschützer, der nur nach Profit strebende Unternehmer, die leidenschaftliche Pferdezüchterin, der berechnende Bürgermeister, der ewige Griesgram und noch so einige exzentrische Persönlichkeiten mehr.
Jedes der meist eher kurzen Kapitel schildert das Geschehen aus der Perspektive eines Protagonisten und ist entsprechend mit seinem Namen betitelt. So behält man leicht den Überblick und bekommt einen detailreichen Einblick in das Leben dieser Dorfgemeinschaft. Alle Charaktere sind sehr authentisch, wenn auch nicht immer liebenswert und sympathisch.
Es werden viele gesellschaftliche Probleme unserer Zeit ins Visier genommen und anhand von zum Teil skurrilen Situationen und einer großen Portion Ironie beleuchtet.
Der Sprachstil ist großartig, angenehm zu lesen, sehr bildhaft und lebendig, aber genauso auch sehr pointiert, kritisch und zielgerichtet.
Das Dorf Unterleuten mag fiktiv sein, aber es steht ganz sicher stellvertretend für zahlreiche ähnliche, tatsächlich existierende Ortschaften, Dörfer oder gar Städte.
Fazit
Es gibt einige Bücher der Autorin, mit denen ich mich nicht so recht anfreunden konnte. Dieses hier hat mich jedoch angenehm überrascht. Ich habe diesen grandiosen, wirklich meisterhaft erzählten Gesellschaftsroman Seite für Seite genossen und empfehle ihn sehr, sehr gerne weiter.
Bewertung
5 von 5 Büchern
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