Frauenschicksale und der Traum vom Fliegen
Inhalt
Dieser unterhaltsame Schicksalsroman spielt in zwei unterschiedlichen Zeitebenen im Deutschland des 20.Jahrhunderts.
Im Jahre 1935 haben die beiden unzertrennlichen Freundinnen Johanna und Amelie einen großen Traum. Sie wollen Fliegerinnen werden und in die Fußstapfen ihrer großen Vorbilder, wie z.B. Elly Beinhorn, treten. Beide haben schon den Segelflugschein und wollen nun unbedingt auch noch das Fliegen eines Motorflugzeugs erlernen, um damit irgendwann einmal sogar Geld zu verdienen. Ein fast aussichtslos anmutendes Vorhaben in dieser schwierigen Zeit. Die Nationalsozialisten sind auf dem Vormarsch und Frauen haben nach Meinung der Männer gehorsam zu Hause zu bleiben und sollten sich ausschließlich um Mann, Kinder und Haushalt kümmern. Doch die zwei jungen Frauen erkämpfen sich ihr ersehntes Glück und sind unglaublich stolz, als es ihnen tatsächlich gelingt, einen Ausbildungsplatz als Fliegerinnen zu ergattern. Gemeinsam scheinen sie alles erreichen zu können. Ihre Freundschaft wird jedoch auf die Probe gestellt, als Amelie den Flieger Felix kennenlernt und sich in ihn verliebt. Johanna kann damit nicht umgehen. Sie duldet es nicht, dass sich jemand zwischen sie und Amelie drängt. Amelie muss sich entscheiden, was ihr wichtiger ist. Das Fliegen und ihre Freundschaft zu Johanna oder ihre Liebe zu Felix? Denn beides scheint unvereinbar zu sein. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Im Jahr 1971 erfährt Liselotte, dass ihre Mutter Amelie nach einem Unfall im Koma liegt. Obwohl das Verhältnis zur Mutter sehr distanziert und unterkühlt ist und sie sich von ihr ungeliebt fühlt, sieht sie es als ihre Pflicht an, sich um sie zu kümmern. Auf die Unterstützung ihres Mannes kann Liselotte dabei nicht zählen, denn dieser erwartet, dass sie sich uneingeschränkt um ihn kümmert. Sie reist daher zum Verdruss ihres Mannes allein von Kassel nach Frankfurt und stellt schon bald fest, dass sie ihre Mutter offensichtlich gar nicht richtig kennt und nichts aus ihrer Vergangenheit weiß. Zunächst recht zögerlich beschließt sie, dies zu ändern und endlich die Frau kennen zu lernen, die hinter der äußeren, unnahbaren Fassade steckt. Und so begibt sie sich zaghaft auf Spurensuche. Als große Hilfe entpuppt sich dabei die deutlich jüngere, auf sie eher unkonventionell wirkende Marga, mit der sie sich nach und nach anfreundet. Liselotte findet nicht nur erstaunliche Tatsachen über ihre Mutter heraus, sondern stellt auch ihr eigenes Leben auf den Prüfstand.
Meine Meinung
Diese beiden unterschiedlichen Zeitebenen werden immer abwechselnd betrachtet, so dass man als Leser/in auf der einen Seite die Spurensuche mit verfolgen kann und andererseits gleichzeitig direkt erfährt, wie es Amelie und Johanna damals ergangen ist. Dabei ist man der Spurensuche immer schon einen kleinen Schritt voraus, aber ohne dass zu viel vorweg genommen wird und die Spannung verloren geht. Beide Erzählstränge sind durchweg interessant und machen immer neugierig, wie es wohl weiter geht.
Man erhält beim Lesen erste Einblicke in Welt der Fliegerinnen, aber auch in das allgemeine Leben der Frauen von einst. Sowohl 1935 als auch immer noch in vielen Bereichen im Jahre 1971 müssen Frauen schwer und beharrlich um ihre Rechte und ihre Eigenständigkeit kämpfen. Einiges konnte ich dabei aus den Erzählungen meiner eigenen Mutter wieder erkennen.
Die einzelnen Charaktere sind entsprechend ihrer Rolle in der Regel gut und anschaulich herausgearbeitet und in den meisten Fällen sympathisch. Ich konnte mir die Protagonisten bildhaft vorstellen. Auch Johanna ist nachvollziehbar dargestellt, allerdings konnte ich mich mit ihr so gar nicht anfreunden. Sie ist von Anfang an einfach zu besitzergreifend und egoistisch. Amelie tat mir in dieser Beziehung manchmal sogar richtig leid.
Der Roman an sich hat mir sehr gut gefallen. Das Thema war interessant und ich konnte mich in diese Geschichte hineinfallen lassen. Daher würde ich das Buch eigentlich mit 5 Büchern bewerten. Aber leider sind mir einige Fehler und Schwachstellen arg ins Auge gesprungen. Neben ein paar verzeihlichen Rechtschreibfehlern sind mir sachliche bzw. inhaltliche Diskrepanzen aufgefallen.
Liselotte wird gleich mehrmals namentlich mit Amelie verwechselt (u.a. auf den Seiten 225, 287 und 353). Kapitel 35 (S. 360) ist mit „Frankfurt am Main, 1935“ überschrieben, obwohl dieser Teil in Berlin spielt.
Zudem habe ich insbesondere an zwei Stellen nähere Ausführungen vermisst. Im Großen und Ganzen sind die wichtigsten Stationen im Leben der beiden Fliegerinnen immer recht ausführlich dargestellt. Aber zwei in meinen Augen sehr prägnante Momente werden nur sehr, sehr kurz angerissen. In Kapitel 7 ist anschaulich beschrieben, wie die beiden jungen Frauen aufgeregt nach Berlin aufbrechen, um ein Bewerbungsgespräch bezüglich eines Ausbildungsplatzes als Fliegerin zu führen. Doch von ihrem Aufenthalt dort und insbesondere von dem Bewerbungsgespräch selbst erfährt man quasi nichts. Im nächsten Kapitel sind sie plötzlich schon wieder zurück in Frankfurt. Ebenso erfährt man in Kapitel 39 von einem heftigen Streit zwischen Johanna und Amelie, aber die Begegnung der beiden und der Streit selbst wird nicht näher ausgeführt. Ich fand es sehr schade, dass diese Schlüsselstellen so kurz abgehandelt wurden bzw. eigentlich fehlen.
Und schließlich gab es im Buch noch eine Stelle, die mich hat stutzen lassen. Auf Seite 244 schnallt sich Liselotte ganz selbstverständlich auf dem Beifahrersitz eines alten PKWs an. Meines Erachtens gab es im Jahre 1971 aber noch keine Anschnallpflicht, geschweige denn überhaupt schon Anschnallgurte in solch alten Autos. Das ist zwar sicher nicht wichtig für die Geschichte, hat mich aber dennoch kurz irritiert.
Fazit
Die von mir hier erwähnten Schwachstellen nehmen zwar sicher relativ viel Raum ein, dennoch möchte ich abschließend nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass mir die Geschichte als solches wirklich gut gefallen hat und ich sie sehr gerne gelesen habe. Den ein oder anderen Fehler, wie z.B. die Namensvertauschung oder die Überschrift, könnte man sicher in einer der nächsten Auflagen beheben. Und Liebhaber solcher Schicksalsromane mit ansprechendem historischen Hintergrund sollten sich dadurch auf keinen Fall von der Lektüre dieses Buches abhalten lassen. Es ist absolut lesenswert.
Zusatzbemerkung
Clarissa Linden ist ein Pseudonym der Autorin Christiane Lind. Christiane Lind schreibt historische Romane, von denen ich auch bereits den ein oder anderen gelesen habe und die ich recht ansprechend fand. Als Clarissa Linden schreibt sie „moderne“ historische Romane. Weitere Pseudonyme sind: Chris Lind (freche Frauen, Fantasy), Carolyn Lucas (romantische Fantasy) und Laura Antoni (Jugendbuch).
Bewertung
4 von 5 Büchern
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